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Radio Equipment Directive (RED) – Richtlinie für Funkanlagen im EWR

Technisches Gerät auf einem Tisch

Was ist die RED?

Die Abkürzung „RED“ steht für „Radio Equipment Directive“, im deutschen Sprachraum „Funkanlagenrichtlinie“ oder RED-Richtlinie genannt. Der Rechtsakt führt im Amtsblatt der EU die Bezeichnung „2014/53/EU“. In Deutschland wurde er durch das FUAG umgesetzt.

Key Facts zur RED:

  • Die RED löste die R&TTE-Richtlinie ab.
  • Die Anwendung ist seit dem 13.06.2016 im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bindend.
  • Ihr Geltungsbereich beschränkt sich ausschließlich auf Funkanlagen.
  • Sie ist im Einklang mit den Anforderungen des „Neuen Rechtsrahmens (NLF)“.
  • Die Ende 2022 veröffentlichte Erweiterungsrichtlinie der RED, (EU) 2022/2380, ist ab 28.12.2024 anzuwenden. Sie aktualisiert unter anderem die grundlegenden Anforderungen des Artikels 3.

Zusammenfassend ist ein Kernziel der Radio Equipment Directive (RED), einen einheitlichen regulatorischen Rahmen für Funkanlagen im Binnenmarkt zu schaffen. Neben Angaben zu Standards hinsichtlich Ausstattung und Sicherheit sollen Wirtschaftsakteure auf diesem Wege zudem die Möglichkeit erhalten, technische Produkte im Anwendungsbereich der RED problemlos im gesamten europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringen zu können.

Die Umsetzung in nationales Recht durch die Mitgliedsstaaten musste bis zum 13. Juni 2016 erfolgen, eine Übergangsphase für neu auf dem EU-Markt erscheinende Funkanlagen endete am 12. Juni 2017. Die RED-Richtlinie 2014/53/EU löste mit Inkrafttreten die Richtlinie 1999/5/EG („R&TTE“) ab.

 

„Grundlegende Anforderungen“
nach der Radio Equipment Directive (RED)

Im Gegensatz zu anderen Staaten werden Funkprodukte vor Bereitstellung auf dem europäischen Markt nicht von Dritten nach technischen Standards zugelassen. Hersteller sind verpflichtet, die Konformität eines Produktes eigenverantwortlich nach „Grundlegenden Anforderungen“ nachzuweisen. Laut Artikel 3 muss dies immer im Einklang mit folgenden Vorgaben geschehen:

  • Schutz von Gesundheit und Sicherheit von Menschen, Haus- und Nutztieren (Einhaltung von Sicherheitsstandards nach Artikel 3.1a)
  • Angemessenes Niveau an elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV / 2014/30/EU / Artikel 3.1b)
  • Effektive und effiziente Nutzung von Funkfrequenzen (Artikel 3.2)

Für bestimmte Kategorien oder Klassen von Funkanlagen gelten nach der Radio Equipment Directive zusätzlich die Bestimmungen des Artikels 3.3 und ab Dezember 2024 auch des neuen Artikels 3.4. Diese mit Kleinbuchstaben gekennzeichneten grundlegenden Anforderungen definieren folgende Aspekte:

  1. Kompatibilität mit Zubehör (Ausschluss von Geräten, die unter Art. 3 (4) fallen)
  2. Zusammenarbeit über Netzwerke mit anderen Funkanlagen
  3. EU-weite Verbindung über Schnittstellen geeigneten Typs
  4. Vermeidung von Netzwerkschäden / missbräuchliche Nutzung von Netzressourcen
  5. Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre
  6. Schutz vor Betrug
  7. Sicherstellung des Zugangs zu Rettungsdiensten
  8. Bedienungserleichterung für Menschen mit Behinderungv
  9. Sicherstellung, dass nur solche Software geladen werden kann, deren Konformität in Kombination mit der Funkanlage nachgewiesen wurde
  10. Spezifikationen für die Ladefunktion

Delegierte Rechtsakte der EU-Kommission legen fest, welche Elemente dieser Untergruppe für dezidierte Geräteklassen zutreffen. Da die RED nach Art. 50 Bezugnahmen der Vorgängerrichtlinie übernimmt, unterscheiden wir für Art. 3.3 EU Rechtsakte unterschiedlicher Herkunft. Bisher wurden Anforderungen nach den Unterpunkten d, e, f, g, und Artikel 3.4 mit verschiedenen Anwendungszeitpunkten aktiviert.

 

Wie ist der Begriff Funkanlage definiert?

Innerhalb der Richtlinie 2014/53/EU bezeichnet der Begriff Funkanlage ein „elektrisches oder elektronisches Erzeugnis, das zum Zweck der Funkkommunikation und/oder der Funkortung bestimmungsgemäß Funkwellen ausstrahlt und/oder empfängt, oder ein elektrisches oder elektronisches Erzeugnis, das Zubehör, etwa eine Antenne, benötigt, damit es zum Zweck der Funkkommunikation und/oder der Funkortung bestimmungsgemäß Funkwellen ausstrahlen und/oder empfangen kann.“ (Artikel 2 RED)

Wichtig ist außerdem, dass gemäß Artikel 2 der RED zu Funkwellen alle elektromagnetischen Wellen mit Frequenzen unter 3.000 GHz zählen. Somit ist der Geltungsbereich der Richtlinie 2014/53/EU insgesamt sehr weit gefasst. Diese Begriffsbestimmungen sind für alle beteiligten Wirtschaftsakteure wie Händler, Hersteller und Importeure von essenzieller Bedeutung, um zu prüfen, ob und in welchem Maße die RED für sie bzw. ihre Endprodukte von Relevanz ist.

 

Anwendungsbereich der RED
– für welche Anlagen gilt die Richtlinie?

Grundsätzlich ist die RED auf nahezu alle Funkanlagen (Sender und Empfänger) anzuwenden, sofern diese nicht explizit davon ausgenommen sind. Einzelne Beispiele sind:

  • Radiosender / -empfänger
  • Anlagen mit WiFi-Funktion (Router / Repeater)
  • Anlagen mit Bluetooth®-Funktion
  • Anlagen mit NFC-Funktion
  • Anlagen mit Navigations-Technik (GPS / Galileo / GNSS)
  • Anlagen mit ZigBee-Modulen (Sensoren / Automation / Smart Home)
  • Smartphones / Mobiltelefone
  • Fernbedienungen / Funksender (Fernseher / Garage / Short Range Devices)

Die Richtlinie 2014/53/EU ist ebenso auf kombinierte Geräte anzuwenden. Hierbei ist häufig fallbezogen zu prüfen, inwiefern die Kombination eines Funkproduktes mit einem Nicht-Funkprodukt oder die Kombination mehrerer Funkprodukte (combined equipment, multi-radio equipment) Einfluss auf die Geräteeigenschaften hat. Je nach Art und Umfang der Integration kann eine gänzlich neue Konformitätsprüfung für das Endprodukt notwendig sein.

 

Welche Produkte fallen nicht unter die RED?

In Artikel 1 sowie Anhang I der RED werden explizit mehrere Produktfelder mit Funktechnologien benannt, auf die die Richtlinie 2014/53/EU nicht anzuwenden ist. Dazu zählen folgende Beispiele:

  • Schiffsausrüstung gemäß Richtlinie 96/98/EG
  • Luftfahrtausrüstung (Funkanlagen bemannter/unbemannter Flugzeuge)
  • Erprobungsmodule in Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen
  • Amateur-Funkanlagen (umgebaute Anlagen sowie Bausätze für Anlagen)
  • Funkanlagen, die exklusiv für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit genutzt werden (BOS-Funk / Polizei / Militär)

Weiterhin fallen drahtgebundene Produkte zur Telekommunikation nicht in den Anwendungsbereich der Radio Equipment Directive. Sofern die Produkte / Komponenten, die innerhalb der EU in Verkehr gebracht werden, nicht den oben genannten Kategorien zuzuordnen sind, ist die RED mit hoher Wahrscheinlichkeit auf sie anzuwenden.

 

RED-Infografik: Abgedeckte Produkttypen auf einen Blick.Der RED-Anwendungsbereich auf einen Blick: Diese Produkttypen werden abgedeckt.

 

Welche Richtlinien gelten zusätzlich zur RED?

Abhängig vom jeweiligen Produkttyp kann dieser mehreren EU-Richtlinien unterliegen. So ist beispielsweise für ein Medizinprodukt mit Funkschnittstelle neben der RED die Medizinprodukteverordnung relevant. Außerdem ist immer zu prüfen, inwiefern auf ein Produkt horizontale Richtlinien anzuwenden sind, z. B. die Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG) und in naher Zukunft die Verordnung zur Cyberresilienz.

Die Radio Equipment Directive referenziert in Artikel 3.1 die Niederspannungs- und EMV-Richtlinien. Sie nimmt damit Bezug auf die dort festgelegten grundlegenden Anforderungen, die ein Funkprodukt erfüllen muss. Mit dem Verzicht auf fest definierte Spannungsgrenzen gehen die Forderungen der RED über jene der Niederspannungsrichtlinie hinaus.

 

Funkanlagenrichtlinie – Wege zur Konformitätserklärung

Wollen Wirtschaftsakteure wie Hersteller, Importeure oder Händler ein Produkt im EWR in Verkehr bringen, muss im Vorfeld der Marktzulassung von Seiten des Herstellers belegt sein, dass die Produkte mit den darin befindlichen Funktechnologien den Anforderungen der RED entsprechen. Dies kann je nach Ausgangslage durch den Hersteller oder in Zusammenarbeit mit einer anerkannten Prüfstelle (Benannte Stelle oder auch „Notified Body“) erfolgen.

Hierfür sieht die Richtlinie folgende Konformitätsbewertungsverfahren vor:

  • Interne Fertigungskontrolle (Bewertungsmodul A / Anhang II RED)

    Bei diesem Bewertungsverfahren bestätigt der Hersteller, dass sein Produkt bzw. die zur Herstellung verwendeten Fertigungsverfahren alle Anforderungen der Funkanlagenrichtlinie erfüllen. Die technischen Unterlagen sowie eine EU-Konformitätserklärung werden vom Hersteller bereitgehalten bzw. ausgestellt, die Funkanlagen werden vom Hersteller mit der CE-Kennzeichnung versehen.

  • EU-Baumusterprüfung und Konformitätsprüfung auf Grundlage einer internen Fertigungskontrolle (Bewertungsmodul B und C / Anhang III RED)

    Der Hersteller beantragt bei einer Benannten Stelle seiner Wahl die Prüfung des technischen Entwurfs einer Funkanlage. Kommt die Benannte Stelle nach der Prüfung des Antrags zu dem Ergebnis, dass das vorgestellte Baumuster die Vorgaben oder Teile der Vorgaben der RED erfüllt, wird für die Anlage eine EU-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt. Ihre Gültigkeit ist an Bedingungen geknüpft.Bei der anschließenden internen Fertigungskontrolle hat der Hersteller sicherzustellen, dass jede gefertigte Funkanlage mit dem in der EU-Baumusterprüfbescheinigung beschriebenen Baumuster baugleich ist und alle Vorgaben der Richtlinie 2014/53/EU eingehalten werden. Änderungen am Produkt oder dem Prozess sind der Benannten Stelle mitzuteilen, die dann entscheidet, ob eine Neubewertung notwendig ist. Abschließend stellt der Hersteller für sein Produkt eine EU-Konformitätserklärung aus. Die hergestellten Funkanlagen werden mit der CE-Kennzeichnung versehen.

  • Umfassende Qualitätssicherung (Bewertungsmodul H / Anhang IV RED)

    Bei diesem Konformitätsverfahren muss ein Hersteller gegenüber einer Benannten Stelle seiner Wahl erklären, dass ein eigenes Qualitätssicherungssystem zur Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Endabnahme der jeweiligen Produkte angewendet wird, das die Konformität aller Produkte mit den Vorgaben der RED sicherstellt. Nach positivem Bewertungsverfahren inklusive Inspektion vor Ort erfolgt die Zulassung des Qualitätssicherungssystems durch die Benannte Stelle. Damit ist der Hersteller befugt, für die genannten Produkte Konformitätsbewertungen nach dem Bewertungsmodul H durchzuführen. Eine vorhandene Zertifizierung nach EN ISO 9001:2015 ist hier von Vorteil.

    Bestandteil dieses Konformitätsbewertungsverfahrens ist neben der einschlägigen Analyse des Systems auch ein Überwachungs-Mechanismus. Dieser sieht vor, dass die Benannte Stelle sowohl geplante Audits als auch unangekündigte Prüfungen des zugelassenen Qualitätssicherungssystems vor Ort vornehmen darf, um die weitere Einhaltung aller Vorgaben der RED sicherzustellen. Der Hersteller hat den Prüfern dafür vollen Zugang zu Räumlichkeiten und Unterlagen zu gewähren. Abschließend stellt der Hersteller für seine unter Anhang IV fallenden Produkte EU-Konformitätserklärungen aus. Die Funkanlagen werden mit der CE-Kennzeichnung in Verbindung mit der Kennnummer der Benannten Stelle versehen.

 

Radio Equipment Directive (RED)
– Harmonisierte Normen und ihre Rolle

Kommen für eine Funkanlage beim Nachweis der grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3.2 (Funkspektrum), Artikel 3.3 sowie zukünftig Artikel 3.4 harmonisierte Normen zur Anwendung, können Hersteller das für sie passende Konformitätsbewertungsverfahren frei wählen. Sind keine harmonisierten Normen gegeben oder werden diese nicht (vollumfassend) angewendet, muss eine Benannte Stelle eingebunden werden. Teil der Konformitätsbewertung ist demnach entweder eine EU-Baumusterprüfung (Anhang III RED) oder das Vorhandensein eines zugelassenen umfassenden Qualitätssicherungssystems (Anhang IV RED).

Wichtig: Für die Konformitätsbewertung eines Produktes entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2014/53/EU ist – abgesehen von der internen Fertigungskontrolle – zwingend die Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Benannten Stelle erforderlich. Eine Übersicht der Institutionen, die Bewertungen und Prüfvorhaben in dieser Funktion offiziell durchführen dürfen, finden Sie in der NANDO-Datenbank der EU-Kommission.

 

Frequenznutzung (Art. 10.10)

Bei Beschränkungen der Inbetriebnahme oder falls für die Nutzungsgenehmigung bestimmte Anforderungen zu erfüllen sind, muss auf der Verpackung der Mitgliedstaat oder das geografische Gebiet vermerkt sein, in dem die jeweiligen Nutzungsbeschränkungen herrschen. Näheres regelt die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1354.

Als Hilfstool wurde die „alte“ Einstufung von Funkanlagen in Klasse 1 und Klasse 2 beibehalten und inhaltlich fortgeführt.

Der Grund für diese Anforderungen ist die Tatsache, dass trotz vehementer Harmonisierungsbestrebungen Frequenzzuweisungen auch zukünftig nationale Eigenheiten aufweisen werden. Die RED stellt keine Frequenzharmonisierungsrichtlinie dar. Das Frequenzmanagement verbleibt auch in Zukunft unter nationaler Regie. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet in Deutschland das Telekommunikationsgesetz (TKG).

 

Anpassungen der RED-Richtlinie: Rechtsakte im Überblick

Um zu gewährleisten, dass die Vorgaben für und Anforderungen an Funkanlagen mit der technischen Entwicklung Schritt halten, wurden auf EU-Ebene bereits mehrere Ergänzungen, allerdings ohne inhaltliche Beeinträchtigung der Richtlinie, verabschiedet. Eine Übersicht dieser delegierten Verordnungen finden Sie auf der RED-Seite der EU.

Einer der letzten Delegierten Rechtsakte zur Radio Equipment Directive schaltete grundlegende Anforderungen zur Cybersicherheit unter Artikel 3.3 frei. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche Risiken sich im Bereich Cybersicherheit ergeben bzw. welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um digitalen Betrugsversuchen vorzubeugen und die Privatsphäre von EU-Bürgerinnen und -Bürgern zu schützen.

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